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3. Beförderungsverträge - Bahnbeförderung

Auch bei der Beförderung durch Bahnen (Schienenbahn und Schwebebahnen) handelt es sich um einen Werkvertrag im Sinne von § 635 BGB. Wegen der globalen Bedeutung und der erhöhten Gefahren im Zusammenhang mit der Beförderung von Menschen und Gütern wurden für die Bahnfahrten jedoch eigene gesetzliche Grundlagen geschaffen. Die Gewährleistungsvorschriften des BGB bleiben damit regelmäßig außer betracht.

Pflichten der Parteien

Der Fahrgast hat die Pflicht den tarifmäßigen Preis zu bezahlen. Liegt bei Fahrtantritt kein Fahrtausweis vor, ist ein erhöhtes Beförderungsentgelt zu zahlen. Diese Strafzahlungen betragen mindestens 60,00 Euro und können bis zum doppelten des Fahrpreises festgelegt werden(§ 12 EVO)

Die Bahnen gehören zu den wenigen Unternehmen, denen eine Beförderungspflicht obliegen kann (§ 10 AEG). Dies stellt eine Ausnahme zur sonst geltenden Vertragsfreiheit dar.

Haftung

Verspätung

Bei Verspätung wird zwischen dem Nahverkehr und dem Fernverkehr unterschieden.

Im Personenfernverkehr trifft die EU-Verordnung über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr ((EG) Nr. 1371/2007) Regelungen für den Fall einer Verspätung. Danach kann der Reisende bei Nichtantritt der Reise die Erstattung des Fahrpreises (bei Abbruch auch anteilig) oder die Fortsetzung der Reise mit anderer - wenn auch vergleichbarer - Streckenführung verlangen; Art. 16.
Setzt der Reisende die Fahrt fort bleiben Verspätungen bis 60 Minuten ohne Konsequenzen. Ab 60 und unter 120 Minuten Verspätung hat das Bahnunternehmen 25 % des Fahrtpreises und bei größerer Verspätung sogar 50 % des Fahrtpreises zu erstatten; Art. 17. Maßgeblich ist der tatsächlich gezahlte Fahrpreis. Frühbucherermäßigungen oder Rabattkarten mindern folglich die zu zahlende Entschädigung.
In besonderen Fällen kann sogar ein Anspruch auf Unterbringung in einem Hotel oder die Stellung eines Ersatzverkehrsmittels bestehen.

Im Nahverkehr hat der Fahrgast zusätzlich das Recht, auf eine andere Zugverbindung ausweichen, wenn zu befürchten ist, dass eine Verspätung von mehr als 20 Minuten eintreten wird ((§ 17 EVO)). Sollte die geplante Ankunftszeit zwischen 0:00 und 05:00 Uhr liegen, kann der Fahrgast auch auf andere Verkehrsmittel ausweichen, wenn die zu erwartende Verspätung mehr als 60 Minuten betragen sollte. In diesen Fällen können auch mal die Kosten eines Taxis erstattungsfähig sein.

Personenschäden

Kommt es im Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb während seines Aufenthaltes in den Eisenbahnwagen oder beim Ein- oder Aussteigen zu einem Unfall, der zu einem Personanschaden (Verletzung oder Tötung) führt, haftet der Bahnbetreiber verschuldensunabhänig für den Schaden Art. 26 EG 1371/2007. Hier besteht also ähnlich wie beim Betrieb von Flugzeugen oder im Straßenverkehr eine Gefährdungshaftung. Nur bei Verschulden des Reisenden oder von Dritten oder bei unvermeidbaren Umständen kann sich das Bahnunternehmen aus der Haftung befreien.
Die Haftung ist auf einen Höchstbetrag von 175.000 Rechnungseinheiten* begrenzt.

Sachschäden

Werden Sachen des Reisenden beschädigt oder kommen Abhanden so kommt es darauf an, ob er diese zur Beförderung aufgegeben hat oder als Handgepäck mit sich geführt hat. Für das Handgepäck ist das Bahnunternehmen regelmäßig nur verantwortlich wenn ihn ein Verschulden trifft. Nur wenn der Fahrgast verletzt oder getötet wurde, erstreckt sich die Gefährdungshaftung auch auf das Gepäck; Art. 33 EG 1371/2007. Hier ist de Schaden aber auf 1.400 Rechnungseinheiten* begrenzt.

Für aufgegebenes Gepäck trifft das Bahnunternehmen wieder die Gefährdungshaftung, aus der er sich nur befreien kann, wenn er ein Verschulden des Reisenden, eine nicht vom Beförderer verschuldete Anweisung des Reisenden, besondere Mängel des Reisegepäcks oder durch unvermeidbare und unabwendbare Umstände - eigentlich deren Nachweis- befreien kann; Art. 36 EG 1371/2007

Die Entschädigungsleistungen sind bei Verlust und Beschädigung auf 80 Rechnungseinheiten* je Kilogramm Gepäck maximal 1.200 Rechnungseinheiten* pro Gepäckstück begrenzt. Kann der Fahrgast den Wert des Gepäckstückes nicht nachweisen sind 20 Rechnungseinheiten* je Kiogramm oder 300 Rechnungseinheiten* je Gepäckstück zu vergüten. Dies stellt damit den Mindestschadensersatz dar; Art 42 ff. EG 1371/2007.

Ist das aufgegebene Gepäck nur verspätet eingetroffen, kann bei nachgewiesenem Schaden (z.B. notwendigen Ersatzbeschaffungen) bis zu 0,8 Rechnungseinheiten* je Kilogramm Gepäck bzw. 14 Rechnungseinheiten* je angefangenem Tag der Verspätung gefordert werden. Ohne Nachweis eines Schadens sind pauschal 0,14 Rechnungseinheiten* je Kilogramm bzw. 2,80 Rechnungseinheiten* je Gepäckstück pro Tag zu vergüten. Bei Fahrzeugen gelten andere Tarife.

Beanstandungen am Gepäck müssen sofort bei Abnahme angemeldet werden. Verspätungen sind binnen 21 Tagen anzumelden.

* Für die Berechnung der Rechnungseinheiten werden die Sonderziehungsrechte des Europäischen Währungsfond zugrunde gelegt.

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präsentiert von Rechtsanwältin Grit Andersch
(Stand 08.04.2018)