4. Der Verwaltungsakt
Der
Verwaltungsakt ist das wichtigste Instrument des Verwaltungshandelns.
Definition des Verwaltungsaktes: Ein Verwaltungsakt liegt nur vor, wenn folgende Kriterien erfüllt
sind; § 35 VwVfG
-
hoheitliche Maßnahme (Verfügung, Entscheidung)
-
in einem Einzelfall (Abgrenzung zur Allgemeinverfügung und zur Rechtsverordnung)
-
durch eine Behörde oder eine durch eine Behörde ermächtigte Stelle (Beliehener)
-
auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (keine privatrechtlichen Handlungen,
wie zur Deckung des Behördenbedarfs oder Erwerbstätigkeit des
Staates)
-
unmittelbare Rechtswirkung nach Außen (sonst nur interne Weisung)
a) Formelle Voraussetzungen
Ein Verwaltungsakt stellt bestimmte formelle Voraussetzungen auf. Der Regelfall
sieht jedoch vor, dass bei Nichteinhaltung bestimmter Formvorschriften
der Verwaltungsakt nicht schon allein deshalb rechtswidrig und angreifbar
ist. Oftmals sind die Formfehler heilbar, das heißt sie werden durch
nachgeholte Handlungen beseitigt.
Diese Möglichkeit dient der Entlastung der Gerichte. Nicht allein
wegen der Verletzung einer Formvorschrift, die aber nicht zu einer andersartigen
Entscheidung geführt hätte, soll eine Entscheidung aufhebbar
sein.
Formvorschriften |
Voraussetzungen |
Folgen des Fehlens |
Anhörung der Beteiligten |
vor dem Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes ist der Betroffene
zu hören, § 28 VwVfG. In Ausnahmefällen kann von der
Anhörung abgesehen werden |
Die Anhörung kann bis zum Abschluss eines Gerichtsverfahrens
nachgeholt werden; § 24 I Nr. 3 VwVfG |
Begründung |
Ein Verwaltungsakt, der schriftlich erlassen wird, ist zu begründen.
Ausnahmen sind in § 39 II VwVfG geregelt. (z.B. viele gleichartige
Verwaltungsakte) |
Fehlende Begründung kann nach § 45 I Nr. 2 VwVfG bis
zur gerichtlichen Entscheidung nachgeholt werden. |
Rechtsmittelbelehrung |
Ein Verwaltungsakt ist mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen,
die Auskunft darüber gibt, wie , wo und in welcher Frist gegen ihn vorgegangen werden kann. |
Der Verwaltungsakt ist rechtswirksam, die Fristen für das Rechtsmittel
beginnen nur nicht zu laufen. Nach einem Jahr sind jedoch auch weitere
Rechtsmittel verfristet. |
Bekanntgabe |
Die Bekanntgabe an den Adressaten ist Voraussetzung für den Bestand
eines Verwaltungsaktes. Bekanntgabe erfolgt durch Zustellung an den Betroffenen
oder durch direkte Bekanntgabe. |
Der dem Adressaten nicht bekannt gegebene Verwaltungsakt gilt als nicht
bestehend. Die fehlende Bekanntgabe an einen Dritten verzögert nur
die Auslösung der Rechtsmittelfristen. |
b) Rechtswirkung eines Verwaltungsaktes
Ein Verwaltungsakt, der dem Betroffenen zugestellt wurde, ist - ungeachtet
möglicher Rechtsfehler -
existent und rechtswirksam.
Im Normalfall ist der Verwaltungsakt aber bis zum Ablauf der
Widerspruchsfrist
nicht
vollstreckbar. Wird Widerspruch eingelegt, so bleibt er
bis zum Ablauf der Frist zur Erhebung einer Anfechtungsklage nach Entscheidung
der Behörde nicht vollstreckbar. Der Widerspruch hat also meist
aufschiebende
Wirkung.
Beispiel:
A erhält einen Bescheid, nachdem er unter Androhung
eines Ordnungsgeldes das auffällige Werbeschild vor seinem Reisebüro
zu entfernen habe. A hält dies für rechtswidrig. Die Behörde
darf jedoch solange die Widerspruchsfrist läuft ein entsprechendes
Ordnungsgeld noch nicht verhängen. Legt der A gegen diesen Bescheid
Widerspruch ein, so kann die Behörde solange kein Ordnungsgeld
festsetzen, solange Sie nicht über den Widerspruch entschieden hat
und auch nachher nicht solange die Frist zur Erhebung der Klage läuft.
Erhebt der A nun Anfechtungsklage, so kann die Behörde solange kein
Ordnungsgeld festsetzen, bis ein rechtskräftiges Urteil ergangen ist.
Um eine sofortige Vollstreckbarkeit (ungeachtet von Widerspruch und Klagefristen)
zu bewirken, ist in einigen Gesetzen vorgesehen, dass bestimmte Verwaltungsakte
sofort vollziehbar sein können. Dies gilt meist, wenn die den Empfänder zur Zahlung oder auch Rückzahlung von Geldern verpflichtet werden. (z.B. Rückzahlung
von Kindergeld, Zahlung von Abschleppkosten, Steuern u.s.w.). In den Bescheiden wird dann darauf hingewiesen.
Auch kann die Behörde in einigen besonders wichtigen Fällen die sofortige
Vollziehbarkeit ausdrücklich anordnen.
Der Verwaltungsakt wird nur dann nicht wirksam,
wenn er nichtig ist.
Nichtigkeit tritt im Regelfall
dann ein, wenn
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ein Fehler vorliegt, der so schwerwiegend ist, dass die Fehlerhaftigkeit
offenkundig ist. (z.B. Mitteilung, dass eine
Prüfung nicht bestanden wurde, ohne dass überhaupt eine
Prüfungsleistung erbracht oder beantragt wurde),
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ein schriftlicher Verwaltungsakt vorliegt, der die erlassende Behörde
nicht erkennen lässt
-
bei Schriftformerfordernis nur ein mündlicher Verwaltungsakt erlassen
worden ist (z.B. mündliche Erteilung einer Baugenehmigung),
-
bei Verwaltungsakten in Bezug auf Vermögenswerte die örtliche
Zuständigkeit nicht eingehalten ist,
-
die erwartete Handlung unausführbar, strafbar bzw. ordnungswidrig
oder gegen die guten Sitten ist (z.B. Aufforderung, der Prostitution nachzugehen).
Merke: Nichtige
Verwaltungsakte entfalten
keine Wirksamkeit!
Ist der existente Verwaltungsakt nicht nichtig, aber
rechtswidrig,
so gilt er trotzdem als
rechtswirksam und kann vollstreckt werden!
c) Beseitigungsmöglichkeiten
Ein wirksamer Verwaltungsakt kann auf vier verschiedene Weisen die Rechtskraft
verlieren.
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Erledigung: Hat sich der Inhalt erledigt
, wird in der Folge nicht mehr durchsetzbar. (z.B. Zahlung aufgrund eines Gebührenbescheides)
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Anfechtung: Anfechtung ist ein Instrument des Bürgers, aktiv einen Verwaltungsakt zu beseitigen. Die Anfechtung erfolgt in zwei Schritten.
I. Zunächst ist Widerspruch
(bei einigen Verfahren auch Einspruch) einzulegen.
Der Widerspruch hat entweder innerhalb eines Monats oder innerhalb der
im Bescheid angegebenen Rechtsmittelfrist eingelegt zu werden. Der Widerspruch
muss schriftlich und bei der Behörde eingereicht werden, die
den Verwaltungsakt erlassen hat.
Der Widerspruch ist eine Voraussetzung, für eine Anfechtungsklage.
Ohne das Vorliegen eines Widerspruches kann der Bürger nur in streng
geregelten Ausnahmefällen gerichtlich gegen den Verwaltungsakt vorgehen.
Ist ein Widerspruch eingelegt, so hat der Verwaltungsakt in der Regel aufschiebende
Wirkung - d.h. er kann solange kein Widerspruchsbescheid der Behörde
vorliegt nicht vollstreckt werden.
II. Führt der Widerspruch nicht zum Erfolg, so ist nach
dem Erhalt des Widerspruchsbescheids innerhalb von einem Monat eine Klage
beim zuständigen Verwaltungsgericht einzureichen. Auch die Klage hat
aufschiebende Wirkung.
Befinden die Richter den Bescheid der Behörde für rechtswidrig, so heben
Sie ihn auf. Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt hingegen kann vom Gericht nicht aufgehoben werden, selbst wenn er unzweckmäßig ist.
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Widerruf und Rücknahme sind Instrumente
von Behörden, zur Beseitigung von Verwaltungsakten.
Der Unterschied zwischen Rücknahme und Widerruf besteht in der
Unterscheidung, ob ein rechtmäßiger (Widerruf)
oder ein rechtswidriger (Rücknahme) Verwaltungsakt vorliegt. Außerdem
hängen die Voraussetzungen für die Rücknahme und den Widerruf
davon ab, eine begünstigende Regelung (z.B.
Gewerbeerlaubnis) getroffen wurde oder eine belastende (z. B. Steuerbescheid).
Die Voraussetzungen für die Rücknahme und den Widerruf sind teilweise in besonderen Gesetzen spezieller geregelt und gehen den hier genannten Regelungen vor.
So kann zum Beispiel eine Gaststättenerlaubnis widerrufen werden,
wenn der Gaststättenbetreiber unzuverlässig ist. Dies liegt z. B. vor,
wenn er Schwarzarbeiter beschäftigt, oder bestimmter Straftaten verdächtig
ist. Die Regeln sind auch nicht auf das Steuer- und Sozialrecht zu übertragen.
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