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Was passiert, wenn ich den Reisemangel nicht vor Ort angezeigt habe?

Eine Minderung des Reisepreises kann nach der gesetzlichen Regelung im Reiserecht nur dann geltend gemacht werden, wenn der Reisende dem Reiseveranstalter vor Ort das Bestehen des Mangels angezeigt hat. Die Anzeige ist dabei auch mündlich möglich. Zu Beweiszwecken sollte die Anzeige jedoch regelmäßig schriftlich oder Mail, Fax u.s.w. vorgenommen oder wenigstens durch die Anfertigung eines Mangelprotokolls zusammen mit dem Reiseleiter gesichert werden.

Dennoch gibt es einige Ausnahmefälle, in denen auch bei vergessener Mängelanzeige ein Recht des Reisenden auf Minderung des Reisepreises oder sogar Schadensersatz besteht.

  1. Mangel war dem Veranstalter bekannt oder wegen Fahrlässigkeit unbekannt
  2. Mängel, die der Veranstalter kennt oder kennen muss, müssen nicht extra angezeigt werden. So ist zum Beispiel die Absage eines durch den Veranstalter organisierten Ausfluges stets auch dem Veranstalter oder den verantwortlichen Personen vor Ort bekannt. Der Reisende muss dies nicht extra anzeigen, sondern kann die Minderungsansprüche innerhalb der gesetzlichen Fristen nach Reisebeendigung geltend machen.

  3. Mangel wurde durch Veranstalter gezielt herbeigeführt
  4. Der Mangel muss auch nicht angezeigt werden, wenn der Veranstalter diesen gezielt verursacht hat. Die Anzeige ist also entbehrlich, wenn der Veranstalter selbst Teile der Reiseleistung abgesagt hat, ohne dass hierfür höhere Gewalt oder Verschulden von Dritten verantwortlich war.

  5. Nichterreichbarkeit der Reiseleitung
  6. Eine Mangelanzeige ist auch entbehrlich, wenn vor Ort eine Reiseleitung nicht oder nicht rechtzeitig zu erreichen war. Sofern der Reisemangel aber andauert, ist die Reiseleitung bei nächster Gelegenheit zu informieren. (z.B. Sie können Ihr Zimmer wegen Überbuchung des Hotels nicht beziehen. Ein Reiseleiter oder anderer Verantwortlicher ist nicht erreichbar. Dann suchen sich ein anderes Hotel und informieren die Reiseleitung erst am nächsten Tag.

  7. Unmöglichkeit einer Abhilfe
  8. Ein Mangel muss auch nicht in jedem Fall der Reiseleitung angezeigt werden, wenn diese nicht oder nicht rechtzeitig für Abhilfe oder Ersatzleistungen sorgen kann. Wenn z.B. der Transfer zum Flughafen nicht gewährleistet wird und ein Linienflug (anders bei Charterflügen) nur noch durch Inanspruchnahme eines Taxis erreicht werden kann, so ist hiervon nicht erst die Reiseleitung zu unterrichten. Ein Schadensersatzanspruch kann hier trotzdem bestehen.

  9. Informationsverordnung
  10. Nach § 3 der Informationsverordnung ist der Veranstalter verpflichtet, den Reisenden über seine Anzeigepflicht aufzuklären. Tut er dies nicht, so kann er sich in einem Prozess auch nicht darauf berufen, dass der Reisende diese Anzeige unterlassen hat.

  11. Der Reisende kann den Mangel nicht anzeigen
  12. Eine Mängelanzeige ist auch nicht notwendig, wenn der Reisende nicht in der Lage ist, den Mangel anzuzeigen. Solche Fälle wurden von der Rechtsprechung zum Beispiel angenommen, bei Krankheit des Reisenden, Mangelauftritt kurz vor Reiseende oder dem Fehlen einer für die Mängelanzeige zuständigen Person. Letzteres dürfte nicht sich überrholt haben, da die meisten Reiseveranstalter von den meisten Urlaubszielen aus per E-Mail erreichbar sind.

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präsentiert von Rechtsanwältin Grit Andersch
(Stand 21.02.2018)