Insolvenz eines Reiseveranstalters
Leider kein Einzelfall ist der Umstand, dass ein Reiseveranstalter zahlungsunfähig wird. Regelmäßig haben die Gläubiger
eines insolventen Unternehmens das Nachsehen. Doch im
Reiserecht gibt es einige besondere Vorschriften, die den
Reisenden einige Vorteile bieten.
Der Sicherungsschein
Dank der Verbraucherschutzvorschriften der Europäischen Union wurde im § 651 k BGB festgelegt, dass jeder
Reiseveranstalter, der die Zahlung eines Reisepreises entgegen nimmt, dies nur tun darf, wenn er dem Reisenden einen
Sicherungsschein übergibt. Dieser Sicherungsschein ist meist durch eine Versicherung ausgestellt.
Sicherungsscheinpflichtig ist jeder Reiseveranstalter. Ausnahmen gelten nur,
wenn
- der Reiseveranstalter nur gelegentlich und nicht gewerblich Reisen veranstaltet. Schon ab drei Reisen pro
Jahr, wird allerdings das "gelegentlich" bereits abgelehnt und die Sicherungsscheinpflicht angenommen.
- die Reise nicht mehr als 24 Stunden dauert, keine Übernachtung beinhaltet und nicht mehr als 75,00 €
kostet (z.B. Kaffee-Fahrten mit Kulturprogramm).Ab dem 01.07.2018 wird die Grenze auf 500,00 € angehoben, so dass
die meisten Tagesreisen dann nicht mehr sicherungsscheinpflichtig sind.
- oder bis 30.06.2018 bei Veranstaltern, die juristische Personen des öffentlichen Rechts (Bundesländer, Hochschulen
u.s.w.) sind, da diese kein Insolvenzverfahren betreiben dürfen.
- Ab dem 01.07.2018 kommen noch Geschäftsreisen hinzu, die ein Unternehmer bei einem Reiseveranstalter aufgrund eines
Rahmenvertrages bucht.
Stellt der Reiseveranstalter keinen Sicherungsschein aus, besteht auf Seiten des Kunden keine Pflicht zur Vorkasse. Weder
der Reiseveranstalter noch dass Reisebüro dürfen dann Zahlungen entgegennehmen, nicht einmal dann, wenn der Reisende dies
so wünscht. Außerdem läuft der Reiseveranstalter Gefahr, von Konkurrenten kostenpflichtig abgemahnt und auf Unterlassung
in Anspruch genommen zu werden.
Keine Sicherungsscheinpflicht gilt für Reisen, bei denen die sich der Reisende im Reisebüro oder auf einer
Vermittlungsplattform die Leistungen bei unterschiedlichen Anbietern selbst zusammen gestellt hat und diese auch getrennt
in Rechnung gestellt bekommt. Ab dem 01.07.2018 gilt dies aber nicht mehr für so genannte Click-Trough-Buchungen, bei
denen der Kunde erst einen Teil der Reise bucht und dann auf die Webseite eines anderen Anbieters geleitet wird, um dort
weitere Teilleistungen zu buchen (Einfache Werbebanner sollen dafür aber nicht ausreichen). Dies stellt dann einen
Reisevertrag dar, der den Veranstalter sicherungsscheinpflichtig macht.
Vor Reiseantritt
Wird nun der Reiseveranstalter vor Antritt der Reise insolvent, sollten Sie versuchen, mit dem Reiseveranstalter Kontakt
aufzunehmen und herauszufinden,
ob die Reise durchgeführt wird. Im Regelfall wird der Geschäftsbetrieb des
Veranstalters eingestellt. Dann findet keine Reise statt. Der Insolvenzverwalter kann jedoch entscheiden, dass die
geschlossenen Verträge fortgeführt werden. In diesen Fällen behält der Reisevertrag seine Gültigkeit und beide Parteien
sind an den Vertrag gebunden.
Fallen Reiseleistungen aus, die bereits bezahlt sind, kann der Reisende über den Sicherungsschein von der Versicherung
die Rückzahlung des bisher gezahlten Reisepreises verlangen. Es empfiehlt sich dann die im Sicherungsschein angegebene
Versicherung anzuschreiben und unter Vorlage von Kopien der Reisebestätigung und der Zahlungsbelege die Rückzahlung zu
verlangen.
Für Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche gegen den insolventen Reiseveranstalter bietet der Sicherungsschein
jedoch keine Absicherung.
Während der Reise
Härter trifft es die Reisenden, wenn die Insolvenz während der Reise eintritt. In diesen Fällen verweigern die Hotels
meist die weitere Beherbergung der Gäste und die Fluggesellschaften oder Busfahrer den Rücktransport.
In solchen Fällen sollten sich die Reisenden
umgehend um die eigene Rückreise kümmern. Die hierfür notwendigen
Kosten müssen zunächst selbst verauslagt werden. Sie können später jedoch über den Sicherungsschein zurückverlangt
werden. Dabei sind aber nicht alle Kosten, sondern nur die wirklich notwendigen erstattungsfähig. Das zu viel gezahlte
Geld, welches für den Reiseteil gezahlt wurde, der durch die Insolvenz ausgefallen ist, wird ebenfalls durch die
Versicherung erstattet.
Für Reisen, die ab dem 01.07.2018 gebucht werden, kann der Reisende auch den Leistungsträger selbst bezahlen, um die
Leistungen noch in Anspruch nehmen zu können und dann die Erstattung bei der Insolvenzversicherung beantragen.
Nach der Reise
Nach der Rückkehr von der Reise ist der Reisepreis meist bezahlt. Für Leistungen, die infolge der Insolvenz ausgefallen
sind, tritt die Insolvenzversicherung ein. Für Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche gegen den Reiseveranstalter
tritt die Insolvenzversicherung jedoch nicht ein. Diese Forderungen können
nicht durch einen Sicherungsschein
abgesichert werden, es sei denn sie sind durch die Veranstalterpleite ausgefallen. Hier bleibt dem Reisenden nur, den
Insolvenzverwalter ausfindig zu machen (Recherche z.B.
Insolvenzbekanntmachungen) und die Forderung bei diesem zur Insolvenztabelle anzumelden.
Ohne Sicherungsschein haben Sie das Nachsehen
Haben Sie die Reise bezahlt oder angetreten, ohne dass Ihnen ein Sicherungsschein ausgestellt worden ist, wird die
Rückforderung des Geldes schwierig. Zwar haben Sie einen Anspruch gegen den Reiseveranstalter wegen der nicht erbrachten
Reiseleistungen oder der selbst organisierten Rückfahrt. Der Veranstalter wird jedoch nicht genügend Vermögen haben, um
Schadensersatz zu leisten.
Sie haben jedoch die Möglichkeit Ihre Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter des Veranstalters zur
Insolvenztabelle anzumelden. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens, welches üblicherweise einige Jahre dauert, wird
dann das restliche Vermögen unter allen Gläubigern nach einer Quote aufgeteilt. Sie haben also die Chance wenigstens
einen kleinen Teil des Geldes zurück zu erhalten.
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