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Insolvenz eines Reiseveranstalters

Leider kein Einzelfall ist der Umstand, dass ein Reiseveranstalter zahlungsunfähig wird. Regelmäßig haben die Gläubiger eines insolventen Unternehmens das Nachsehen. Doch im Reiserecht gibt es einige besondere Vorschriften, die den Reisenden einige Vorteile bieten.

Der Sicherungsschein

Dank der Verbraucherschutzvorschriften der Europäischen Union wurde im § 651 k BGB festgelegt, dass jeder Reiseveranstalter, der die Zahlung eines Reisepreises entgegen nimmt, dies nur tun darf, wenn er dem Reisenden einen Sicherungsschein übergibt. Dieser Sicherungsschein ist meist durch eine Versicherung ausgestellt.

Sicherungsscheinpflichtig ist jeder Reiseveranstalter. Ausnahmen gelten nur, wenn

Stellt der Reiseveranstalter keinen Sicherungsschein aus, besteht auf Seiten des Kunden keine Pflicht zur Vorkasse. Weder der Reiseveranstalter noch dass Reisebüro dürfen dann Zahlungen entgegennehmen, nicht einmal dann, wenn der Reisende dies so wünscht. Außerdem läuft der Reiseveranstalter Gefahr, von Konkurrenten kostenpflichtig abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden.

Keine Sicherungsscheinpflicht gilt für Reisen, bei denen die sich der Reisende im Reisebüro oder auf einer Vermittlungsplattform die Leistungen bei unterschiedlichen Anbietern selbst zusammen gestellt hat und diese auch getrennt in Rechnung gestellt bekommt. Ab dem 01.07.2018 gilt dies aber nicht mehr für so genannte Click-Trough-Buchungen, bei denen der Kunde erst einen Teil der Reise bucht und dann auf die Webseite eines anderen Anbieters geleitet wird, um dort weitere Teilleistungen zu buchen (Einfache Werbebanner sollen dafür aber nicht ausreichen). Dies stellt dann einen Reisevertrag dar, der den Veranstalter sicherungsscheinpflichtig macht.

Vor Reiseantritt

Wird nun der Reiseveranstalter vor Antritt der Reise insolvent, sollten Sie versuchen, mit dem Reiseveranstalter Kontakt aufzunehmen und herauszufinden, ob die Reise durchgeführt wird. Im Regelfall wird der Geschäftsbetrieb des Veranstalters eingestellt. Dann findet keine Reise statt. Der Insolvenzverwalter kann jedoch entscheiden, dass die geschlossenen Verträge fortgeführt werden. In diesen Fällen behält der Reisevertrag seine Gültigkeit und beide Parteien sind an den Vertrag gebunden.

Fallen Reiseleistungen aus, die bereits bezahlt sind, kann der Reisende über den Sicherungsschein von der Versicherung die Rückzahlung des bisher gezahlten Reisepreises verlangen. Es empfiehlt sich dann die im Sicherungsschein angegebene Versicherung anzuschreiben und unter Vorlage von Kopien der Reisebestätigung und der Zahlungsbelege die Rückzahlung zu verlangen.

Für Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche gegen den insolventen Reiseveranstalter bietet der Sicherungsschein jedoch keine Absicherung.

Während der Reise

Härter trifft es die Reisenden, wenn die Insolvenz während der Reise eintritt. In diesen Fällen verweigern die Hotels meist die weitere Beherbergung der Gäste und die Fluggesellschaften oder Busfahrer den Rücktransport.
In solchen Fällen sollten sich die Reisenden umgehend um die eigene Rückreise kümmern. Die hierfür notwendigen Kosten müssen zunächst selbst verauslagt werden. Sie können später jedoch über den Sicherungsschein zurückverlangt werden. Dabei sind aber nicht alle Kosten, sondern nur die wirklich notwendigen erstattungsfähig. Das zu viel gezahlte Geld, welches für den Reiseteil gezahlt wurde, der durch die Insolvenz ausgefallen ist, wird ebenfalls durch die Versicherung erstattet.

Für Reisen, die ab dem 01.07.2018 gebucht werden, kann der Reisende auch den Leistungsträger selbst bezahlen, um die Leistungen noch in Anspruch nehmen zu können und dann die Erstattung bei der Insolvenzversicherung beantragen.

Nach der Reise

Nach der Rückkehr von der Reise ist der Reisepreis meist bezahlt. Für Leistungen, die infolge der Insolvenz ausgefallen sind, tritt die Insolvenzversicherung ein. Für Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche gegen den Reiseveranstalter tritt die Insolvenzversicherung jedoch nicht ein. Diese Forderungen können nicht durch einen Sicherungsschein abgesichert werden, es sei denn sie sind durch die Veranstalterpleite ausgefallen. Hier bleibt dem Reisenden nur, den Insolvenzverwalter ausfindig zu machen (Recherche z.B. Insolvenzbekanntmachungen) und die Forderung bei diesem zur Insolvenztabelle anzumelden.

Ohne Sicherungsschein haben Sie das Nachsehen

Haben Sie die Reise bezahlt oder angetreten, ohne dass Ihnen ein Sicherungsschein ausgestellt worden ist, wird die Rückforderung des Geldes schwierig. Zwar haben Sie einen Anspruch gegen den Reiseveranstalter wegen der nicht erbrachten Reiseleistungen oder der selbst organisierten Rückfahrt. Der Veranstalter wird jedoch nicht genügend Vermögen haben, um Schadensersatz zu leisten.

Sie haben jedoch die Möglichkeit Ihre Forderung gegenüber dem Insolvenzverwalter des Veranstalters zur Insolvenztabelle anzumelden. Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens, welches üblicherweise einige Jahre dauert, wird dann das restliche Vermögen unter allen Gläubigern nach einer Quote aufgeteilt. Sie haben also die Chance wenigstens einen kleinen Teil des Geldes zurück zu erhalten.

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präsentiert von Rechtsanwältin Grit Andersch
(Stand 22.02.2018)